Die Geschichte von Royal Enfield

|   Royal Enfield

Die Ursprünge von Royal Enfield gehen stolze 165 Jahre zurück. 1851 gründete George Townsend in Redditch eine Fabrik zur Herstellung von Nähnadeln, einem wichtigen Produkt im Zeitalter der Industrialisierung als die britische Industrie, insbesondere die Textilindustrie, die ganze Welt dominierte. Als sein Sohn George rund 30 Jahre später das Ruder übernahm, widmete er sich ab 1882 einem „neuen Trendprodukt“ dieser Zeit und produzierte Sättel und Gabeln für Fahrräder, ab 1886 stellte er komplette Fahrräder her.

1893 verschmolz die „Enfield Manufacturing Ltd.“ mit der „Royal Small Arms Factory“ und bekam den Namen “Royal Enfield”. Schon damals wurde auch der heute noch gebräuchliche Slogan “Made like a gun”, der wohl einer der ältesten noch gebräuchliche Werbeslogan der Welt ist, geprägt.

1898 begann in Redditch die Fahrzeugproduktion mit einem „Quadricycle“, eine Art vierrädriges Motorrad. Die Zeit war aber noch nicht reif für diese Art von Fahrzeugen, erst 84 Jahre später begann mit dem Suzuki QuadRunner der weltweite Quad-Boom. Der Markt verlangte nach zweirädrigen Motorrädern und Royal Enfield brachte 1901 das erste Motorrad auf den Markt. Bis heute konzentriert sich Royal Enfield ohne Unterbrechungen auf die Produktion von Motorrädern. Kein anderer Motorradhersteller kann auf eine so lange kontinuierliche Produktion verweisen. Ein Großbrand im Jahr 1926 konnte Royal Enfield genauso wenig stoppen, wie die beiden Weltkriege, in denen Royal Enfield vorrangig Motorräder für die britische Armee fertigte. Im Gegenteil: Die robusten und zuverlässigen Motorräder kamen durch die britische Armee auch in die hintersten Winkel des Globus und wie so oft griffen Privatpersonen in den darauffolgenden Friendenszeiten gerne auf Produkte zurück, die im Krieg ihre Qualitäten bewiesen hatten.

Zwischen den beiden Weltkriegen stand die Premiere der wohl legendärsten Royal Enfield: 1932 wurde die Bullet erstmals präsentiert. Ein Modell, das auch heute noch produziert wird und mit mittlerweile stolzen 84 Jahren das mit großem Abstand am längsten produzierte Motorfahrzeug der Geschichte. Zum Vergleich: Der Land Rover Defender wurde nach 68 Jahren Bauzeit eingestellt, der VW Käfer nach 65 Jahren.

Noch bevor in Europa der Motorradboom der Nachkriegszeit zugunsten des Autobooms nachlassen sollte, begann man sich am anderen Ende der Welt für die Motorräder von Royal Enfield zu interessieren. Bereits 1949 begann der offizielle Import in Indien, 1955 wurde in Madras ein Montagewerk eröffnet.

Die britischen Inseln waren auch damals etwas anders als Kontinentaleuropa.
Während auf dem Kontinent Motorräder in den 1960ern etwas für Leute, die sich kein Auto leisten konnten, war, entdeckten die Briten die Motorräder bereits als Freizeitfahrzeug. Mit der Continental GT lieferte Royal Enfield einen typischen Café Racer, genau das, was die Rocker-Szene verlangte und sich bislang mühsam und mit teils abenteuerlichen Methoden selbst basteln musste.

Den Rockern folgten die Hippies und den Café Racern der mit Blümchen bemalte VW Bully. Nun geriet auch die britische Motorradindustrie ins Wanken. Während viele Hersteller komplett untergingen und heute kaum noch bekannt sind, verlagerte Royal Enfield die Produktion bis 1970 komplett nach Indien.

In Europa blieb Royal Enfield in den nächsten Jahrzehnten ein reines Nischendasein. Viele kleine Importeure, aber auch Einzelpersonen importierten die verschiedenen Royal Enfield-Modelle, darunter auch die Enfield Diesel, das einzige Serienmotorrad mit Dieselmotor, das es je gegeben hat.

Anfang des 21. Jahrhunderts begann dann die Trendwende. Dafür waren zwei Gründe maßgeblich: Einerseits begann sich in Indien vor allem aufgrund des IT-Booms eine Mittelschicht zu entwickeln, die sich nun auch Motorräder leisten konnte. Andererseits übergab Vikram Lal, der CEO der Eicher Group, zu der Royal Enfield auch heute noch gehört, die Geschäftsführung des damals knapp vor der Insolvenz stehenden Motorradherstellers an seinen Sohn Siddhartha.

Siddhartha Lal, selbst leidenschaftlicher Motorradfahrer und Absolvent namhafter, indischer und englischer Universitäten, krempelte das Unternehmen nach internationalen Maßstäben um. Kosten wurden gesenkt und Qualitätsmanagement nach internationalen Standards eingeführt.

Der Rest ist bekannt: Die Verkaufszahlen, die im Jahr 2004 bei 24.000 Fahrzeugen pro Jahr lagen, wurden jedes Jahr um 50 bis 100% gesteigert. 2014 produzierte Royal Enfield mit etwas mehr als 300.000 Stück erstmals mehr Motorräder als Harley-Davidson. Doch bald werden wir auch über diese Zahl milde lächeln. In den letzten Monaten wurden bereits mehr als 50.000 Fahrzeuge produziert – pro Monat also mehr als doppelt so viele wie im gesamten Jahr 2004. Bis Ende des Jahres will Royal Enfield über 600.000 Fahrzeuge produzieren und ein Ende des Wachstums ist noch nicht absehbar, denn nun beginnt der Royal Enfield-Boom auch den Rest der Welt zu erfassen und wird mit neuen Modellen wie der Himalayan weiter befeuert.

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